Auswirkungen von Corona auf unsere Tierheime

Tierhalter*innen und gewerbliche Tierbetreuer*innen haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie am eigenen Leib erfahren. Aber welche Auswirkungen waren in österreichischen Tierheimen spürbar? Das Tierheim Bruck an der Leitha und Umgebung, das Tierheim Linz sowie das TierschutzKompetenzzentrum des Landestierschutzvereins Kärnten (kurz TiKo) haben ihre Erfahrungen mit uns geteilt.

Die Corona-Pandemie hat uns alle vor neue Herausforderungen gestellt. Welche Auswirkungen waren im Tierheim spürbar?

Tierheim Bruck an der Leitha: Es wurde ein mehrmaliges Kennenlernen oft abgelehnt und Verhalten, dass problematisch für ein Zusammenleben sein könnte auch oft abgetan.
Es wirkte fast so, als würde man vor lauter Ungeduld, dass der Hund nun sofort einziehen muss, keinen Wert mehr auf das Lebewesen mit Problemen und Stärken legen.

Tierheim Linz: Durch diese außergewöhnliche Zeit hieß es für Tierheime neue Abläufe und Strukturen zu entwickeln. Natürlich konnte man im Tierheim vor allem in den Zeiten der Lockdowns die steigenden Anfragen nach Haustieren bemerken – viele davon waren leider nicht soweit durchdacht, dass eine Vermittlung von Seiten eines Tierheims gut zu heißen ist. Es bleibt noch abzuwarten, wie viele Tiere dennoch durch Internet ect. angeschafft wurden, die, wenn sich die Situation wieder normalisiert, leider doch im Tierschutz landen werden.

TiKo: Der Lockdown während der Pandemie und die dabei entstandene freie Zeit hat bei vielen Menschen das Bedürfnis nach einem vierbeinigen Begleiter entstehen lassen. Diese steigende Nachfrage nach einem Haustier war auch im TiKo deutlich spürbar. Bei der Vermittlung wurde daher umso strenger darauf geachtet, dass die Adoption nachhaltig ist und der Mensch auch wirklich zum Tier passt. Der Vergabeprozess im TiKo blieb unverändert – bei Hunden 1 Probemonat und Begleitung von Tierpflegern und Tiertrainer in dieser Zeit, sowie sensibles „Hinspüren“ ob Hund und Interessent zusammenpassen. Natürlich aber auch die Frage ob eine Betreuung des Hundes nach Corona (sprich Kurzarbeit oder Home Office) gegeben ist.

 

In Wien wurden rund ein Viertel mehr Hunde während der Pandemie angemeldet, auch in den Medien war die Nachfragen nach Hunden sehr groß. War diese Nachfrage im Tierheim auch spürbar?

Tierheim Bruck an der Leitha: Während der Corona Pandemie war die Nachfrage nach Hunden vor allem ab der Hälfte sehr groß. Vor allem auffällig waren die Vorstellungen der Menschen. Es musste schnell gehen, man wolle den Hund sofort und der Anspruch an dessen soziale und alltägliche Kompetenzen war enorm hoch.

Tierheim Linz: Es gab eine große Nachfrage nach Tieren - für das Tierheim hieß dies, noch größeres Augenmerk darauf zu legen, dass die Anschaffung nicht aus einem Impuls heraus getätigt wird, sondern wohl durchdacht ist und auch ein Plan für das Leben mit den Haustieren nach der Pandemie geschaffen wurde.

TiKo: In den Lockdowns kamen Menschen mit den unterschiedlichsten Anforderungen und Wünschen an ein Tier ins TiKo. Häufig sollte das Tier ein Welpe sein und die Adoption möglichst sofort stattfinden.

Gibt es bestimmte Rassen, die in dieser Zeit besonders gefragt waren?

Tierheim Bruck an der Leitha: Bei den Rassen waren sehr unterschiedliche Wünsche dabei. Nach Rassewelpen wurde sehr oft detailliert gefragt.

Tierheim Linz: Viele Menschen, die zuvor keinerlei Haustiere gehalten haben, haben durchaus Interesse an kleineren „Moderassen“ gezeigt, aber es konnte kein expliziter Trend nach einer bestimmten Rasse festgestellt werden.

 

Hatten die Menschen generell mehr Interesse an Hunden oder gab es auch eine größere Nachfrage nach anderen Tierarten?

Tierheim Bruck an der Leitha: Vor allem nach Hunden wurde sehr viel gefragt. Bei anderen Tierarten kann ich aufgrund fehlender Aufzeichnungen und Zahlen nur gefühlsmäßig einen nicht so enormen Anstieg angeben.

Tierheim Linz: Generell konnte man eine große Nachfrage an tierischen Mitbewohnern bemerken. Das Interesse an allen Haustieren ist bei vielen Menschen gestiegen, die durch vermehrte soziale Isolation nach Gesellschaft gesucht haben.

TiKo: Auch bei Katzen gab es ein höheres Interesse an Adoptionen, hier gibt es aber keine signifikante Rücklauf, oder Abgabeerhöhung.

Tierheim Corona

Die Einschränkungen werden wieder gelockert, die Menschen müssen zurück aus Home-Office und Kurzarbeit, manche wollen auch wieder auf Urlaub fahren. Ist dadurch die Anzahl an Rückgaben oder Abgaben angestiegen?

Tierheim Bruck an der Leitha: Da die Lockerung der Maßnahmen in die Sommer und Ferienzeit gefallen sind, ist es für mich schwer zu differenzieren, ob es sich nicht sowieso um die „Urlaubsabgaben“ handelt oder speziell Corona. Wir fragen oft zur Herkunft nach und wie lange sie den Hund schon haben und die meisten Hunde sind zwischen 1 und 6 Jahren alt.

Tierheim Linz: Bei den Hunden haben wir leider seit geraumer Zeit eine Warteliste zur Aufnahme ins Tierheim – diese ist aktuell leider sehr gut gefüllt. Deutlich konnten wir heuer einen Anstieg an Privatabgaben junger Katzen (keine Welpen, sondern halbwüchsige Tiere) bemerken.

TiKo: Mit Beginn des Sommers sind unsere Befürchtungen über die Auswirkungen des Haustierbooms eingetreten. Beinahe täglich bekamen wir neue Anfragen für Abgaben oder Unterstützung mit “problematischen” Hunden. Damit eine Abgabe tatsächlich der letzte Ausweg bleibt, versuchen wir immer alle Möglichkeiten auszuschöpfen und unterstützen mit unseren tierschutzqualifizierten Hundetrainern. Leider war die Überforderung in vielen Fällen bereits zu groß, sodass dem TiKo bis zum Ende des Sommers 15 Hunde übergeben wurden, die im Lockdown angeschafft wurden. Keines der bei uns abgegebenen „Lockdowntiere“ wurde im TiKo adoptiert. Von uns vermittelte Tiere sind nach wie vor bei ihren neuen Besitzern.

 

Welche Gründe werden seit der Corona-Pandemie für Rückgaben oder Abgaben häufig angegeben?

Tierheim Bruck an der Leitha: Meist wird angegeben, dass man in der neuen Wohnung Tiere nicht erlaubt sind. Ebenso gab es viele Beißvorfälle oder schwere Aggressionsprobleme. Sehr häufig wurde angegeben, dass man einfach keine Zeit mehr habe.

Tierheim Linz: Wir konnten durch intensive Vergabegespräche die Zahl der Rückläufer genauso gering halten wie vor Pandemiebeginn. Die durch andere Quellen angeschafften Tiere wurden oft aufgrund unüberlegter Anschaffung oder weil sich die Tiere, nicht nahtlos (bzw. den Vorstellungen entsprechend) in das Leben der Halter eingefügt haben, bei uns abgegeben.

TiKo: Eines der größten Probleme ist, dass aufgrund der Pandemie viele Welpen- und Gruppenkurse nicht stattfinden konnten. So hatten viele Hunde keine Chance, Begegnungen mit anderen Menschen und Hunden zu lernen. Viele Hunde, die im Lockdown angeschafft wurden, haben nie gelernt, alleine zu bleiben und wurden nach Ende des Lockdowns dadurch plötzlich zu “Problemhunden”. Wird dann noch mit falschen Methoden gearbeitet, kann es so weit kommen, dass Hunde aggressiv werden und sich zu Wehr setzen. Als unerfahrener Hundehalter führt das rasch zur Überforderung und schließlich zur Abgabe.

 

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