Click zum Glück

Clickern mit Pferden gelingt, wenn der Profi es vormacht.

Clickern mit Pferden war lange Zeit völlig verpönt. Wobei es nicht der „Click“ an sich ist, sondern die veraltete Annahme, dass Pferde niemals aus der Hand zu füttern sind und schon gar nicht mit Futter gelobt werden sollen. Mit umfangreichster Aus- und Weiterbildung, konsequentem Hinterfragen und bewusstem Training hat Dr. Iris Starnberger diesen alten, festgefahrenen Grundsatz gesprengt und nimmt ihm – gemeinsam mit (noch) einigen wenigen anderen sehr guten Pferde-Clicker-Trainer*innen in Österreich – durch ihre Erfolge in den Trainings sämtliche Grundlage. Lernen durch positive Verstärkung ist ein Naturgesetz, und richtig ein- und umgesetzt, kann es unglücklichen Pferdehalter*innen helfen bzw. gerade im Medical Training eine unglaubliche Erleichterung für Tier und Mensch bringen.


Der Weg zum Clicker-Profi

Selbst mit Pferden aufgewachsen, hat die studierte Zoologin Dr. Iris Starnberger während ihres Studiums weder die Zeit noch das Geld gehabt, um ein eigenes Pferd zu halten. Dies hat aber ihrem großen Interesse an fachlichem Input keinen Abbruch getan, und so hat sie sich während des Studiums unter anderem mit dem Thema Training für und mit Pferden bzw. dem Clickern konkret beschäftigt. Wer auf ihre Website schaut, sollte viel Zeit mitbringen, denn die Liste ihrer Aus- und Weiterbildungen ist seitenfüllend. „Mir war klar, dass es eigentlich keine Nachfrage danach gibt, weil es in den Köpfen vieler Menschen als ‚das macht man nicht‘ drin war“, erzählt uns die dynamische Trainerin von den Anfängen. Und heute? Die Nachfrage steigt stetig, und langsam bricht die Starre in den Köpfen auf, da man damit wirklich Gutes bewirken kann. Dr. Starnberger arbeitet heute Teilzeit im Tiergarten Schönbrunn und ist dort als Assistentin der Kuratorin für Forschung und Artenschutz tätig. „Bei dieser Aufgabe kann ich mein Know-how der Zoologie voll einbringen, und es macht mir große Freude, hier wissenschaftliche Projekte zu begleiten“, erzählt sie. Ihre restliche Zeit verbringt die passionierte Pferdebesitzerin im Stall, bei Fortbildungen und natürlich beim Clickertraining. Dieses bietet sie unter dem Firmennamen „Zuckerbrot“ an. „Der Begriff ‚Zuckerbrot‘ fasst für mich alle tierfreundlichen, effizienten und wissenschaftsbasierten Methoden des Tiertrainings und der Verhaltensänderung zusammen – die Peitsche brauchen wir dabei normalerweise nicht“, so Starnberger.

 

 

Leyla und Henry – zwei Clicker-Fans
Wie funktioniert das Clickern bei Pferden denn nun genau? Wir durften uns das live bei einem Training mit der ziemlich „faulen“ Stute Leyla anschauen. Die Pflegerin von Leyla bemühte sich redlich, der Stute mit Gymnastizierung in Freiarbeit etwas Bewegung zu verschaffen, doch diese war an einer Zusammenarbeit nicht wirklich interessiert. Hier kam Dr. Iris Starnberger ins Spiel, die es mit Leichtigkeit versteht, die Stute mithilfe des Clickerns fürs Bewegen, fürs punktgenaue Stehenbleiben und auch fürs – für viele Pferde ungewohnte und daher fordernde – Mitdenken zu begeistern. Bei jeder Runde um die Hütchen werden Bewegungsfluss und Reaktion auf die Signale besser, und die Stute versteht dank Click sehr schnell, was es mit der neuen Art der Kommunikation auf sich hat. Auch die Arbeit mit einem sogenannten Nasentarget als Kooperationssignal läuft prima. Hier soll die Stute verstehen, dass sie mit der Berührung des Targets (einem Gegenstand, der für das Tier gut erkennbar ist) mit ihrer Nase beeinflussen kann, was die Pflegerin tut – oder nicht. So bekommt das Pferd ein Mitspracherecht z. B. beim Satteln und Aufsteigen oder auch bei medizinischen Behandlungen. „Unsere ‚Verstärker‘ sind in diesem Fall Leckerlis, die nur gepresstes Heu enthalten. Denn natürlich macht es keinen Sinn, die Stute zu bewegen und gleichzeitig kalorienreiche Leckerlis zu verwenden“, erklärt die Trainerin. Und Leckerlis „hagelt“ es am Anfang viele, denn damit der Lerneffekt auch greift, braucht es viele Griffe in die Futtertasche. „Mit der Zeit werden dann die Clicks und die Leckerlis bei bereits gut bekannten Verhaltensweisen reduziert. Dann braucht es nicht mehr an jedem Hütchen einen Click mit Verstärkung, sondern dann werden z. B. drei Runden um die Hütchen gelaufen, und dann kommt der positiv verankerte Click“, so Dr. Starnberger. Beim Training ist vor allem Pflegerin Alex gefragt, denn sie soll das Clickern selbst beherrschen, um mit Leyla künftig alleine zu trainieren. Es ist also Hilfe zur Selbsthilfe, und laut Trainerin ist es recht einfach, die gewünschte Methode zu erlernen, wenn es dazu klare Vorgaben gibt. Es geht hier vorerst auch nur darum, genau die Übungen zu erlernen, die dann alleine durchgeführt werden sollen, und kein Profi in Pferde-Psychologie oder Pferde-Clickern zu werden.

Bei Wallach Henry hingegen ging es um Medical Training, denn er hatte mit immer wiederkehrenden Ohrenentzündungen zu kämpfen und musste für mehrere Monate wöchentlich Ohrentropfen bekommen. Was Henry überhaupt nicht gut fand. In der Klinik haben das nur mehrere Personen gleichzeitig mit einer Sedierung und/oder Nasenbremse geschafft. Die Halterin sollte nach dem Klinikaufenthalt die Tropfen selbst verabreichen. Nur wie? Nun kam das Clickern ins Spiel. Dr. Starnberger konnte Henry mithilfe des Clickertrainings ohne Druck an die Tropfen gewöhnen und es gleichzeitig der Halterin vermitteln, sodass diese mittlerweile ihrem Pferd die Tropfen selbst ohne Probleme verabreichen kann. Auch der tägliche Umgang zwischen Pferd und Halterin ist viel harmonischer geworden. „Hier waren aber sehr viel Geduld und Einfühlungsvermögen nötig, denn es war enorm wichtig, dass Henry seine Tropfen anfangs täglich bekommt. Beim ersten Training nach dem Klinikaufenthalt im Stall haben wir wirklich stundenlang ‚gearbeitet‘, damit wir die Tropfen ins Ohr kriegen und gleichzeitig für das Pferd ein positives Erlebnis schaffen“, so Starnberger.


Wie wird sich das Clickern weiterentwickeln?
„Bei den Methoden tut sich viel“, betont Dr. Starnberger. Vor allem die USA, England und Schweden sind da Vorreiter und forschen und entwickeln weiter. Das heißt einerseits für die Trainer*innen immer am Ausbildungsball bleiben, aber auch, dass sich diese Trainingsmethode weiter etablieren wird. Fehlerfreies, frustfreies und flüssiges Lernen sowie das Mitspracherecht des Tieres werden immer wichtiger, und das Prinzip funktioniert bei allen Tieren, ob Affe, Schaf, Gecko oder Schwein. Das hat Starnberger bei ihrer Ausbildung selbst erfahren. Ist das Clickern mit Pferden daher die Königsklasse? „Clickern mit Pferden ist grundsätzlich nicht anders als mit anderen Tieren. Aber natürlich ist es ein Unterschied, ob eine Pfote oder ein Huf auf meinem Fuß steht bzw. kann ein Pferd schon sehr aufdringlich werden, wenn es auf die Leckerlis scharf ist. Und das kann dann schon zu gefährlichen Situationen führen“, erklärt uns Profi Iris. Aber hier gilt es eben, diese Methode umsichtig, mit Know-how und Feingefühl einzusetzen. „Wenn man den Fokus auf freudiges, entspanntes Verhalten, auf Klarheit und auf Vertrauen legt, dann macht diese Form des Trainings alle glücklich und liefert großartige Ergebnisse. So macht jeder Schritt auf dem Weg zum Trainingsziel Mensch und Tier Spaß“, schließt sie ab – und strahlt.

Viele Erfahrungsberichte, Fotos und natürlich Infos gibt es auf www.zuckerbrot.click. Und wer selbst mal ins Pferde-Clickern hineinschnuppern möchte, kann dort den Onlinekurs „Clickern mit Pferden – Chancen, Risiken und Nebenwirkungen – so gelingt der Einstieg!“ um 59 Euro belegen, den Dr. Starnberger aufgesetzt hat.

 

 

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