Was steckt in einem Click?

Was steckt in einem Click? Effektivität von konditionierter Verstärkung im angewandten Tiertraining: Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse.

Von Nicole Pfaller-Sadovsky, Dr. Camilo Hurtado-Parrado, Daniela Cardillo, Lucia G. Medina und Dr. Susan G. Friedman

Artikel veröffentlicht am 28. September 2020 – Animals 2020, 10(10), 1757; https://doi.org/10.3390/ani10101757

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zuerst einmal klären, was ein konditionierter Verstärker überhaupt ist. Ein konditionierter Verstärker (Sr+) ist ein Stimulus (z. B. Clicker), der seine Effektivität, um ein Verhalten am Laufen zu halten (d. h. es zu verstärken), durch die Assoziation mit anderen bereits etablierten Verstärkern erlangt (basierend auf der individuellen Lernhistorie des Lerners).

Um unsere Studie zu beschreiben und zu verstehen, müssen aber zuerst auch noch die folgenden Fragen beantwortet werden: Was ist eigentlich eine „systematische Übersichtsarbeit“ und was ist eine „Metaanalyse“? Dazu kann man am einfachsten Wikipedia1 zurate ziehen (übernommen und gekürzt):

Ganz grundsätzlich ist eine wissenschaftliche Arbeit ein systematisch gegliederter Text, in dem ein oder mehrere WissenschafterInnen die Ergebnisse ihrer eigenständigen Forschung beschreiben und präsentieren.

Eine systematische Übersichtsarbeit, Englisch auch ‚systematic review‘, ist eine wissenschaftliche Arbeit in Form einer Literaturübersicht, die zu einem bestimmten Thema, durch den Einsatz geeigneter Methoden, versucht, alles verfügbare Wissen zu sammeln, zusammenzufassen und kritisch zu bewerten. Grundlage jeder Übersichtsarbeit ist die bereits publizierte Fachliteratur.

Übersichtsarbeiten können insbesondere bei Angabe quantitativer Ergebnisse durch eine Metaanalyse ergänzt werden. Systematische Übersichtsarbeiten verfolgen verschiedene Absichten, unter anderem:

  • Dem Leser eine aktuelle Übersicht über ein bestimmtes wissenschaftliches Thema zu bieten.
  • Auch kleinere, wenig beachtete und wenig aussagekräftige Studien in einen Kontext zu setzen.
  • Wissenslücken oder Mängel in den bisherigen Datenbeständen zu beschreiben und neue Forschungsansätze vorzuschlagen.

Systematische Übersichtsarbeiten weisen die höchste Beweiskraft aller wissenschaftlichen Arbeiten auf, da die Verfasser zu den ursprünglichen Artikeln keinen Interessenkonflikt haben. Außerdem liegt der Zweck einer Übersichtsarbeit gerade darin, ältere Facharbeiten kritisch zu würdigen.

Eine Metaanalyse ist eine wissenschaftliche Arbeit, die frühere Primärstudien mittels quantitativer und statistischer Methoden zu Metadaten zusammenfasst und präsentiert. Der Unterschied zur systematischen Übersichtsarbeit (Review) liegt darin, dass ein Review die früheren Forschungsdaten und -publikationen kritisch würdigt, während die Metaanalyse nur die quantitative und statistische Aufarbeitung der früheren Ergebnisse umfasst. Metaanalysen werden in Forschungsgebieten durchgeführt, in denen empirische Daten anfallen. Dazu gehören Medizin, viele Naturwissenschaften (z. B. Verhaltensbiologie) und Sozialwissenschaften.

Nachdem nun der Titel geklärt ist, können wir uns die Studie „Was steckt in einem Click? Effektivität von konditionierter Verstärkung im angewandten Tiertraining: Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse.“ genauer ansehen und die wichtigsten Erkenntnisse daraus zusammenfassen.

 

Tier zum Wir

Mittels standardisierter und systematischer Methoden wurden sämtliche wissenschaftliche Datenbanken mit bestimmten, zuvor erarbeiteten Suchkriterien durchsucht. Dabei konnten ca. 140 Studien gefunden werden, aus denen schlussendlich 34 Studien zur eigentlichen Fragestellung passten und für die weiteren Analysen geeignet waren. Der überwiegende Teil der Studien wurde mit Hunden und Pferden durchgeführt, und es wurde größtenteils das Geräusch eines Clickers mit Futter gepaart. Sechs der 34 Studien verwendeten Clickertraining im Verhaltenstraining und eigneten sich deshalb für eine weiterführende Metaanalyse.

In den Primärstudien wurde die konditionierte Verstärkung mit Hunden (47 %, n = 16) und Pferden (30 %, n = 10) sowie mit Katzen, Rindern, Fischen, Ziegen und Affen (23 %, ungefähr gleich zwischen den Tierarten verteilt) untersucht. Die Mehrheit der Studien verwendete Clicker, andere konditionierte Verstärker waren Biep- und Buzzer-Geräusche sowie ein gesprochenes Wort. Als unkonditionierte Verstärker kamen Futter, Wasser oder taktile Prozeduren (z. B. Streicheln bei Fohlen) zur Anwendung.

Sechs aus den 34 Primärstudien waren für die Metaanalyse geeignet. In diesen sechs Studien mit Pferden, Hunden und Ziegen wurden Interventionen zur Verhaltensveränderung (z. B. Nasentarget, Bringen bzw. Ausgeben eines Objekts in die Hand, in ein Halfter schlüpfen mittels Clickertraining) untersucht. Durch die metaanalytischen Berechnungen konnte ein mittlerer Effekt zugunsten des konditionierten Verstärkers sowie zugunsten einer kontinuierlichen Gabe von Click-plus-Futter festgestellt werden. Statistisch signifikant waren dabei die Spezies und das Studiendesign. Im Vergleich zu Hunden und Ziegen war die Effektstärke bei Pferden signifikant höher.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass das Training mit konditionierten Verstärkern eindeutig effektiv ist, um Verhalten nachhaltig zu verändern. Allerdings konnten die Variablen, welche die Effektivität beeinflussen, nicht eindeutig aus den bisher untersuchten Studien identifiziert werden. Ganz spannend sind daher auch die Daten einer noch unveröffentlichten Metaanalyse, die Studien mit Gruppendesigns beinhaltet. Da zeigte sich auch ein leichter Effekt zugunsten des konditionierten Verstärkers. Das heißt, dass Interventionen, die mit konditionierten Verstärkern plus Futter durchgeführt wurden, effektiver waren als Interventionen, in denen „nur“ primäre Verstärker (z. B. Futter) verwendet wurden. Die Effektstärke sollte aber nicht nur für sich allein betrachtet werden. Im Kontext zum Zielverhalten gebracht können selbst kleine Effektstärken wichtige Verbesserungen für das Wohlergehen des jeweiligen Lerners bedeuten.

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